Gemeinsame Presseerklärung von foodwatch und Umweltinstitut München e.V.: Grenzwerte für radioaktive Belastung von Lebensmitteln aus Japan erhöht –
Bundesregierung informiert Öffentlichkeit nicht
29.03.2011
Berlin/München. Die Verbraucherorganisation foodwatch und das Umweltinstitut München e.V. haben die Informationspolitik der Bundesregierung über die
Lebensmittelsicherheit nach der Reaktorkatastrophe in Japan kritisiert. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner verweist seit Tagen auf „verstärkte Kontrollmaßnahmen“ und „spezielle
Schutzstandards“ – sie informiert die Öffentlichkeit jedoch nicht darüber, dass die EU-weit geltenden Grenzwerte für die radioaktive Belastung von Lebensmitteln aus den betroffenen Regionen
Japans am vergangenen Wochenende deutlich erhöht wurden. War bisher eine kumulierte Radioaktivität von Cäsium-134 und Cäsium-137 von maximal 600 Becquerel/Kilogramm zulässig, traten am
vergangenen Wochenende bis zu 20-fach höhere Obergrenzen von bis zu 12.500 Becquerel/Kilogramm für bestimmte Produkte aus Japan in Kraft.
Zwar gibt es in Europa derzeit keinen Anlass zur Sorge über hochbelastete Produkte aus Japan im Handel – dies rechtfertigt jedoch weder die lückenhafte
Informationspolitik der Bundesregierung noch die Heraufsetzung der Grenzwerte. „Die Ministerin redet nur von verstärkten Kontrollen und verschweigt, dass gleichzeitig die Sicherheitsstandards für
japanische Lebensmittel gesenkt wurden. Frau Aigner enthält der Öffentlichkeit wichtige Informationen vor – so gewinnt sie sicher nicht das Vertrauen der Bürger“, sagte Thilo Bode,
Geschäftsführer der Verbraucherorganisation foodwatch. „Es ist absurd, in der jetzigen Situation Grenzwerte für japanische Lebensmittel zu erhöhen, um sie in die EU einführen zu können“ erklärte
Christina Hacker, Vorstand im Umweltinstitut München e.V.
Beide Organisationen sprachen sich dafür aus, einen kompletten Importstopp zu verhängen. „Unsere Solidarität gehört derzeit den Opfern der Katastrophe in Japan, und
diese Maßnahme wäre bestimmt kein großer Schaden für die japanische Wirtschaft “, so Christina Hacker vom Umweltinstitut München. Ohnehin sind die Einfuhrmengen für Lebensmittel aus Japan nach
Europa nur sehr gering.
Für Lebensmittel und Lebensmittelimporte gelten für Cäsium 134 und 137 üblicherweise Höchstwerte von 370 Becquerel/Kilogramm für Säuglingsnahrung und Milchprodukte
sowie von 600 Becquerel/Kilogramm für andere Nahrungsmittel (EU-Verordnung 733/2008). Mit der Eilverordnung 297/2011, in Kraft getreten am 27. März 2011, hat die Europäische Kommission diese
Grenzen für Produkte aus den betroffenen japanischen Regionen deutlich heraufgesetzt: auf 400 Becquerel/Kilogramm für Säuglingsnahrung, auf 1000 Becquerel/Kilogramm für Milchprodukte und auf 1250
Becquerel/Kilogramm für andere Nahrungsmittel. Bestimmte Produkte wie Fischöl oder Gewürze dürfen diesen Wert sogar um das Zehnfache übersteigen, also bis zu 12.500 Becquerel/Kilogramm belastet
sein – ein 20-faches des bisherigen Limits.
Hintergrund für die Anhebung ist die nach der Tschernobyl-Katastrophe im Jahr 1987 erlassene EU-Verordnung 3954/1987. Demnach können im Falle eines „nuklearen
Notstandes“ die Höchstgrenzen für die zulässige radioaktive Belastung von Lebensmitteln angehoben werden, um einer Nahrungsmittelknappheit vorzubeugen. „Diese Regelung jetzt in Kraft zu setzen,
ist absurd, denn es gibt in Europa keinen nuklearen Notstand und erst recht keine Nahrungsmittelknappheit. Importe aus Japan spielen für die Versorgungssicherheit der europäischen Bürger
überhaupt keine Rolle“, sagten Thilo Bode und Christina Hacker.
Pressekontakte
foodwatch e.V.: Martin Rücker, E-Mail: presse@foodwatch.de, Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 23
Umweltinstitut München e.V.: Christina Hacker, E-Mail: ch@umweltinstitut.org, Tel.: +49 (0)89 / 30 77 49 - 0
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Original seite:
http://www.lebensministerium.at/umwelt/strahlen-atom/strahlenschutz/strahlen-warn-system/messwerte_aktuell.html